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Marktkirche / Bürgerkirche St. Gangolf, Trier

Orgeln in St. Gangolf seit 1492

Die ehemalige Markt- und jetzige St. Gangolfskirche besaß spätestens 1492 eine Orgel. Aus diesem Jahr wissen wir von einer Stimmung. Als nächste Orgelnachricht lesen wir in der Orgelakte St. Gangolf im Bistumsarchiv Trier, dass 1609/10 ein Meister Nicolas und 1626 die „Orgelmacher von Nancy“ eine Orgel gereinigt und gestimmt haben. Der Erbauer dieses Werkes ist unbekannt, jedoch ist uns die ursprüngliche Disposition in einem Revisionsbericht von Orgelbauer Claus aus dem Jahre 1754 überliefert. Danach war es ein Instrument französisch-niederländischer Prägung. Die Disposition der einmanualigen Orgel:

Montre 8‘
Bourdon 8‘
Prestant 4‘
Quint 3‘
Octav 2‘
Tierce
Cornet 3f.
Mixture
Cimballe
Trompet 8‘
Vox humana 8‘
Cromhorn Discant
Tremulant doux
Pedal nicht erwähnt, möglicherweise angehängt

Stumm-Orgel 1829

Nachdem man am 6. März 1827 mit Franz Heinrich und Carl Stumm einen Neubauvertrag geschlossen hatte, brachen diese das alte Werk ab und bauten es in Neunkirchen (Kreis Birkenfeld) wieder auf, wo es nicht erhalten ist. Die neue Stumm-Orgel, ein zweimanualiges Instrument mit Hauptwerk, Positiv und Pedal im Barockstil, wurde am 8. Mai 1829 abgenommen. Die Disposition:

Hauptwerk C-g3
Bourdon 16'
Principal 8'
Gedackt 8'
Viola di Gamba 8'
Octav 4'
Salicional 4'
Quint 3'
Flauto 4'
Superoctav 2'
Cornet 5fach 4'
Mixtur 4fach 1'
Trompete 8'

Positiv  C-g3
Bourdon 8'
Principal 4'
Waldflöte 2'
Flauto 4'
Octave 2'
Salicional 2' (vermutl. ab c° 4')
Mixtur 3fach 1'
Krummhorn 8'

Pedal C-g°
Subbaß 16'
Violon 16'
Octavbaß 8'
Posaunenbaß 16'

Breidenfeld-Orgel 1898

1897 bot die Pfarrgemeinde die Stumm-Orgel zum Verkauf an und schloss am 18. Februar 1898 einen Neubauvertrag mit der Firma Breidenfeld. Auch von dieser 1899 vollendeten Orgel kennen wir die Disposition:

I. Manual C-f3
Principal 8'
Bordun 16'
Viola di Gamba 8'
Harmonieflöte 8'
Rohrflöte 8'
Gemshorn 8'
Principal 4'
Rohrflöte 4'
Quinte 2 2/3'
Octave 2'
Mixtur 2-3chörig
Trompete 8'

II. Manual C-f3
Geigenprincipal 8'
Portunal 8'
Aeoline 8'
Salicional 8'
Liebl. Gedackt 8'
Traversflöte 4'

Pedal
Subbaß 16'
Violonbaß 16'
Violoncello 8'
Posaune 16'

Kegelladen, pneumatische Traktur, Normalkoppeln. Feste Kombinationen MF, F, TUTTI
1910 ersetzte Weigle die Kegelladen durch Membranladen seines Systems (vgl. Kell, Altenkessel)

Die Breidenfeld-Orgel wurde im Dezember 1944 (23.12.44) nicht durch Brand vernichtet, wie man in der Literatur (etwa bei Bösken-Fischer-Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins Band 4, Schott, Mainz 2005) lesen kann. Sie wurde durch den Brand zwar in Mitleidenschaft gezogen, blieb aber erhalten.

Da man in den 1950er Jahre eine neue Empore baute, wurde ein Teil der Breidenfeld-Orgel - und zwar die Register des I. Manuals und ein Pedalregister - hinter dem Pfeiler zwischen Hoch- und Marienaltar aufgestellt. Diese Nachkriegsorgel hatte folgende 13 Register, wobei für das Manual wohl lediglich die alte Hauptwerkslade verwendet wurde, die für 12 Register Platz hatte:

Bordun 16’
Prinzipal 8’
Rohrflöte 8‘
Gedackt 8‘
Salicional 8‘
Viola di Gamba 8’
Prinzipal 4’
Traversflöte 4‘
Rohrquinte 2 2/3‘
Prinzipal 2’
Mixtur 4-fach
Trompete 8’

Subbaß 16´ im Pedal, der nicht abschaltbar war.

Die Pfeifen der übrigen Register waren im Turmraum im Ersten Stock gelagert. Nachdem die Empore 1958/1959 wieder aufgebaut war, wurde die Teilorgel in diesem Turmraum aufgestellt. Über den Verbleib der Orgel, nachdem sie durch den Klais-Neubau abgelöst wurde, ist nichts bekannt.

Die Firma Breidenfeld hatte in ihrer Firmengeschichte fast ausschließlich mechanische Orgeln gebaut. Möglicherweise war die Orgel in St. Gangolf eine von nur zwei pneumatischen Orgeln, die Breidenfeld errichtete. Die andere in dieser – damals modernen – Technik spielt heute noch im Originalzustand in Kirf bei Saarburg (1897, op. 91).

Die Hinweise auf die Breidenfeld-Orgel von St. Gangolf in der Nachkriegszeit verdanken wir Herrn Franz-Josef Rudolf aus Köln. Von 1953 bis 1962 war sein Vater Küster, Organist und Chorleiter an St. Gangolf; er selbst machte dort seine ersten Schritte im Orgelspiel. Der TRIERER ORGELPUNKT bedankt sich für die wertvollen Hinweise und für die beiden historischen Fotos.

Der Orgelneubau von 1972

St. Gangolf: Klais-Orgel vor 2020

1972 schließlich stellte die Firma Johannes Klais in St. Gangolf ein klanglich ausgezeichnetes Werk mit drei Manualen und Pedal auf der Westempore auf. Die 35 Register dieser am 22. Mai 1972 geweihten Orgel verteilen sich auf ein Rückpositiv im I. Manual, das Hauptwerk im II. Manual und ein als Schwellwerk konzipiertes Echowerk im III. Manual. Die in schlichten Holzschreinen untergebrachten Teilwerke zeichnen sich in der äußeren Prospektgliederung deutlich ab: rechts die großfüßigen Pfeifen des Pedalwerkes, links davon das Rückpositiv auf der Emporenbrüstung und darüber das Hauptwerk. Hinter diesem steht das Schwellwerk.

Im Zuge der großen Kirchenrenovierung von 2020 bis 2023 wurde die Orgel von der Firma Hugo Mayer, Heusweiler, gereinigt, saniert und um ein Register erweitert. Im einzelnen wurde gemacht:

  • Ausbau einiger Orgelteile – Sicherung – Wiedereinbau
  • Reinigung mit Intonationsausgleich und Stimmung
  • Moderne elektronische Setzeranlage anstelle der ursprünglichen mechanischen Setzer ("Sternchensetzer" von Eisenschmid)
  • Einbau der fehlenden Koppel III-I
  • Moderne Notenpultbeleuchtung
  • Elektriksanierung und neue Steuerplatinen für Schleifenzugmagnete
  • neue Balgbelederungen
  • Einbau einer zusätzlichen Konzertflöte 8‘ auf Einzellade, so dass sie in allen Werken spielbar ist.
 
St. Gangolf: Spieltisch vor 2020

Klangliche Veränderungen an der wertvollen Orgel, etwa der Austausch von Registern wurden nicht gemacht. Das Instrument ist ein Kind seiner Zeit und optisch wie klanglich von herausragender Qualität. Disposition:

I. Rückpositiv (C - g3)
Holzgedackt 8’
Quintade 8’
Konzertflöte 8'*
Principal 4’
Spillflöte 4’
Flageolett 2’
Larigot 1 1/3’
Scharff 4f
Rankett 16’
Krummhorn 8’
Tremulant
II. Hauptwerk (C - g3)
Bordun 16’
Principal 8’
Gemshorn 8’
Konzertflöte 8'*
Oktav 4’
Nachthorn 4'
Nasard 2 2/3’
Superoktav 2’
Terz 1 3/5’
Sifflet 1’
Mixtur 4f
Trompete 8’
Clairon 4’

III. Schwellwerk (C - g3)
Rohrflöte 8’
Fernflöte 8’
Konzertflöte 8'*
Blockflöte 4’
Principal 2’
Cornett ab g, 3f
Vox humana 8'
Tremulant

Pedal (C - f1)
Principal 16’
Subbaß 16’
Oktav 8’
Koppelflöte 8’
Konzertflöte 8'*
Superoktav 4’
Rauschpfeife 3f
Posaune 16’
Holztrompete 8’

* Seit 2023 zusätzliche Konzertflöte 8' auf Einzelladen und somit spielbar von allen Werken aus. Nicht schwellbar.
Normalkoppeln. Mechanische Spiel- und elektrische Registertraktur. Schleifladen.
Seit 2023 elektronische Setzerkombinationen.

St. Gangolf am Hauptmarkt

St. Gangolf vom Hauptmarkt aus

... ist seit Jahrhunderten der Stolz der Trierer Bürgerschaft und neben Dom und Liebfrauen eines der Wahrzeichen der Altstadt. Die Gründung der Marktkirche steht wohl in Zusammenhang mit der Errichtung des Marktkreuzes im Jahre 958. Von dieser ersten Kirche haben sich keine Reste gefunden. Von einem Neubau der Gangolfskirche erfahren wir erstmals durch einen Ablassbrief des Trierer Erzbischofs Heinrich II. von Finstingen aus dem Jahre 1284. Die bestehende Kirche wird als uralt bezeichnet und ein Neubau als sinnvoll erklärt. Wann dieser Bau ferig war, ist unbekannt. 1344 wird vor der ehemaligen Westfassade ein Turm errichtet, der ursprünglich frei stand. Die heutige Kirche ist schließlich das Ergebnis eines Neubaus aus der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts, bei dem jedoch Teile des frühgotischen Baues übernommen wurden. Stiftungen sind aus den Jahren 1402 und 1409 überliefert. Die Weihe wird für 1459 durch Erzbischof Johann II. von Baden angenommen. Schließlich stiftet Adelheid von Besselich Geld für die Aufstockung des Turmes, die 1507 vollendet war und seitdem das Bild der Kirche bestimmt. Nach schweren Kriegszerstörungen wurde die Kirche unter der Leitung von Baurat Heinrich Otto Vogel bis 1958 wiederaufgebaut. Die zweischiffige "Basilika" mit einem breiten Mittelschiff und einem nördlich angebauten Seitenschiff mit stuckierten Gewölben aus der Barockzeit erhielt bei einer Renovierung zwischen 1979 und 1987 eine weiß-gelbe Ausmalung, die bei der letzen Renovierung von 2020 bis 2023 verändert wurde. Das Fresco wurde 1850 vom Trierer Maler August Gustav Lasinsky geschaffen.

Bemerkenswert ist auch das Geläut der Kirche. Insgesamt neun Glocken hängen im Turm: fünf Läuteglocken, drei Uhrschlagglocken sowie die Wandlungsglocke in der Turmspitze. Bedeutendste Glocke ist die Gangolfsglocke. Sie wurde 1475 vom Trier Glockengießer Clais von Enen gegossen und erklingt in cis'. Sie ist in Trier besser bekannt unter dem Namen "Lumpenglocke", denn von Anfang an diente sie auch als Stadtglocke, die jeden Abend das Schließen der Stadttore bekannt gab und noch heute täglich um 22 Uhr für einige Minuten zu hören ist. Die vier anderen Läuteglocken h°, e', fis' und gis' wurden 1995 angeschafft und bei Mabilon in Saarburg gegossen. Die drei Schlagglocken wurden mitten im Zweiten Weltkrieg (1942) gegossen, als alle übrigen Glocken abgeliefert waren. Bei der Wandlungsglocke handelt es sich um die alte städtische Brandglocke, die in Trier "Zündel" genannt wird. Sie wurde 1549 von Dederich Wolf von Prüm, dem letzten bedeutenden Trierer Glockengießer, gegossen.

Literatur in Auswahl:

  • Tausendjahrfeier der Kirche und Kirchengemeinde St. Gangolf zu Trier. Trier 1967.
  • Stork, Hans-Walter: Kath. Stadtpfarrkirche St. Gangolf Trier (= Schnell & Steiner Kunstführer Nr. 1805). München 1990.
  • Hans Wilhelm Ehlen (Hrsg.): 500 Jahre Kirchturm St. Gangolf in Trier. Trier 2007.

Sebastian Schritt