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Georges Schmitt

Georg(es) Schmitt, Domorganist 1835 - 1842

Die heutige Gastwirtschaft „Mosellied“ in Trier-Zurlauben am Ufer der Mosel ist das Geburtshaus von Georg Schmitt, der dort am 11. März 1821 zur Welt kam. Seinen Vater, Gastwirt und Domorganist zugleich, verlor Schmitt früh und trat elfjährig zunächst vorläufig dessen Nachfolge im Trierer Dom an.

Auf Kosten des Domkapitels schickte man Schmitt für zwei Jahre zu Studien nach Münster. Nach Trier zurückgekehrt, wurde er 1835 als Vierzehnjähriger zum Domorganisten ernannt. In seine Dienstzeit fiel die Errichtung der großen Orgel im Westchor durch Heinrich Breidenfeld.

Mit der Zuverlässigkeit des jungen Georg Schmitt scheint es nicht zum besten gestellt gewesen zu sein, denn Berichte über versäumte Hochämter und Vespern, verschlafene Kyries und in den Ohren der Domgeistlichkeit wohl zu freche Musik häuften sich. Gehaltsabzüge und „Drillarrest“ des Domkapitels halfen wenig, und so kam es zur fristlosen Entlassung im Jahr 1842.

Das Mosellied, Paris und Floridas Sümpfe

Im Jahr seiner Entlassung als Domorganist komponierte Schmitt für einen Wettbewerb ein volkstümliches Mosellied mit dem Titel „Im weiten deutschen Lande fließt mancher Strom dahin“ und dem unvergesslichen Refrain: "O Moselstrand, o selig Land!". Bis heute hat es an Popularität nicht verloren und gehört zum Repertoire vieler Chöre und Blaskapellen entlang der Mosel. Erhältlich sind die Noten nach wie vor im Verlag Hans Kessler in der Trierer Dietrichstraße.

Drei Jahre später schließlich zog er - wie viele junge Künstler damals - nach Paris, um sich dort musikalisch weiter zu vervollkommnen. Seine dortigen Lehrer waren u.a. der Opernkomponist und Theoretiker Halévy, ferner Spontini und der zur kirchenmusikalischen Reformbewegung gehörende Niedermeyer. Schmitt war Generationsgenosse des aus Köln nach Paris ausgewanderten Komponisten Jacques Offenbach (geb. 1819). 

Bald wurde er Organist der deutschen Gemeinde und konnte sich innerhalb erstaunlich kurzer Zeit in der Crème der Pariser Musikwelt etablieren. Seine guten Verbindungen und auch eine Lehrerstellung an der Schule von Sacré-Coeur ließen eine brilliante Karriere erwarten, aber die Revolution von 1848 machte seinen Hoffnungen - vorläufig - ein Ende. 

Er wanderte nach Amerika aus, wo er sich bald einen Namen als Pianist, Komponist und Organist der Kathedrale von New-Orleans machte. Schmitts Biographin Schröder-Schiffhauer (Roman "Der vergessene Lorbeer" 1979/80 2 Bände, vergriffen) weiß von atemberaubenden Abenteuern in Amerika zu berichten: von Jagden auf Krokodile und Jaguare in den Sümpfen Floridas, von Schießereien mit Indianern und von einem überlebten Schiffsuntergang.

In St. Sulpice

Als 1849 der Organist von Saint-Sulpice, Louis Séjan, gestorben war, kehrte Schmitt aus Amerika zurück und bewarb sich um diese ehrenvolle Stelle. Immerhin ist Saint-Sulpice eine der größten und - auch in Hinsicht auf das geistige Leben - bedeutendsten Kirchen von Paris. Zahlreiche Konkurrenten stellten sich im Rhythmus von je einer Woche vor. Am 19. Dezember 1849 gewann Schmitt den Wettbewerb mit seinem meisterhaften und sicheren Spiel und nahm die Tätigkeit am 1. Januar 1850 mit einem Gehalt von 1000 Francs auf. Neben seiner Organistentätigkeit war er ein gesuchter Musiklehrer, Musikschriftsteller und vor allem ein fruchtbarer Komponist. Als Eugène Delacroix die Engelkapelle von Saint-Sulpice 1858 mit seinen monumentalen Gemälden schmückte, hörte er die Musik von Georg Schmitt, die ihn - wie man sagt - bis zum Ende seines Lebens begleitete.

Schmitt drängte darauf, die große, von Cliquot 1776-81 erbaute Orgel zu verbessern. 1853 entschloss man sich, ernsthaft über den Orgelumbau zu diskutieren. Es ist dem Plädoyer Georg Schmitts zu verdanken, dass die Firma Cavaillé-Coll anderen Firmen vorgezogen wurde. Während der Jahre der Ausarbeitung und der Realisation des Cavaillé-Coll-Projekts veröffentlichte Schmitt jene beiden Werke, mit denen sein Name bis heute verbunden wird: "Nouveau Manuel Complet de l'Organiste" (1857) und die (heute als Reprint bei Fuzeau teilweise wieder erhältliche) Kompositionssammlung "Le Musée de l'Organiste" (1857). In der Wiederbelebung des Gregorianischen Chorals spielte er im Gefolge von Dom Guéranger und Niedermeyer eine wichtige Rolle. Mit unermüdlichem Fleiß trug Schmitt dazu bei, das Niveau der Kirchenmusik in Frankreich zu verbessern. Er war der führende Kopf bei Sitzungen des Kongresses für Geistliche Musik und in den Redaktionen der Zeitschriften "Le Plain Chant" ("Der gregorianische Choral") und "Revue de musique sacrée, ancienne et moderne". 1862 schließlich war die bis heute unverfälscht erhaltene Orgel fertig und verfügte nun über 5 Manuale, 102 Register, 20 Tritte und etwa 7000 Pfeifen. Sie zählt zu den größten und bedeutendsten Orgeln der Welt. Kurz nach der Einweihung der Orgel, für die er so viel getan hatte, wurde Schmitt in St. Sulpice entlassen. Cavaillé-Coll hatte betrieben, dass der berühmtere Lefébure-Wély den prominenten Platz auf der Orgelbank von St. Sulpice erhielt. Der Kirchenrat von St. Sulpice entschied am 30. Mai 1863, Schmitt durch Lefébure-Wély zu ersetzen und bewilligte diesem ein doppelt so hohes festes Gehalt. Georg Schmitt aber diente weiterhin der Kirchenmusik: an den Kirchen Saint-Germain-des-Prés und Saint-Joseph Artisan. Konzertreisen führten ihn nach Amerika, Italien, Spanien und England. In Trier durfte er 1887 einen Triumph erleben: nach einem großen Konzert wurde er mit dem Lorbeerkranz geehrt. Er starb in Paris am 7. Dezember 1900; begraben ist er auf dem Friedhof Père-Lachaise.

Josef Still

5 Bilder

Orgelfahrt / Konzert in St. Sulpice

Zum hundertjährigen Todesjahr 2000 machte der Verein Trierisch eine Reise an die Seine

Eine Gruppe Trierer Bürger hat das Wochenende vom 13. zum 15. Oktober 2000 zu einer Fahrt nach Paris genutzt, um dort den vor einhundert Jahren, am 7. Dezember 1900, verstorbenen ehemaligen Trierer Domorganisten Georg Schmitt zu ehren.Die Gruppe besuchte auf dem berühmten Friedhof Père Lachaise das gut erhaltene Grab der Familie Georg Schmitt. Das Denkmal in der 91. Division des Friedhofs besteht aus einem Steinsarkophag, auf dessen Deckel die Namen und Daten der dort Bestatteten eingeschlagen sind. Die Grabstätte ist von einem Eisenzaun eingefaßt.Der Vorsitzende des Vereins Trierisch, Michael Kopp, brachte dort eine Gedenkplakette an, legte einen Kranz nieder und verlas die Lebensbeschreibung Schmitts. Man sprach ein Gebet und stimmte das Mosellied an. 

Der Friedhofsbesuch gab auch die Gelegenheit, manche berühmten Gräber zu sehen, wie etwa das von Rossini, Cherubini, anderen großen Dichtern und Wissenschaftlern und schließlich auch das von Abälard und Heloise, das zu einem eigenen Gedenken einlud. Am Sonntag nahm die Gruppe an einem Hochamt in Saint-Sulpice teil, das in besonderer Weise dem Gedenken an Georg Schmitt gewidmet war. Domkapitular Dr. Franz Ronig konzelebrierte mit den Priestern von Saint-Sulpice. Der Titularorganist Prof. Daniel Roth spielte Werke von Schmitt und Clérambault, der auch einst als Organist an dieser Kirche wirkte.  Nachmittags um 15.00 Uhr fand vor zahlreicher Zuhörerschaft ein Orgelkonzert zu Ehren von Georg Schmitt statt, gespielt vom Trierer Domorganisten Josef Still. Werke von Schmitt, von französischen Zeitgenossen, aber auch von Marcel Dupré (Organist an Saint-Sulpice) und Johann Sebastian Bach bestimmten das Programm.

WERKE von Georges Schmitt:

  • Klavier- und Orgelkompositionen  
  • Lieder 
  • Messen 
  • Oper „Anakreon“  
  • Operetten  
  • Oratorium „Le Feu de Ciel“ 

Grand Offertoire pour Noël

Titel von Georges Schmitt - Offertoire

Neuausgabe von „Grand Offertoire pour Noël“

Georges Schmitt hat mit seinen zahlreichen Orgelwerken einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung der französischen Orgelmusik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geleistet. Nachdem ihm 1842 sein Amt als Trierer Domorganist wegen Unstimmigkeiten mit dem Domkapitel entzogen worden war, ist er nach Paris ausgewandert und war von 1850 bis 1863 Titularorganist an der großen Pariser Kirche St. Sulpice.

Das klangprächtige Grand Offertoire pour Noël in E-Dur ist eine der umfangreichsten eigenen Kompositionen, die Schmitt in der von ihm selbst herausgegebenen Orgelmusiksammlung Le Musée de l’Organiste veröffentlicht hat. Neben dem bekannten „Adeste fideles“ sind  zwei Lieder verarbeitet, die vor allem im französischsprachigen Kulturraum recht bekannt sind: das zumeist als Noël suisse be­zeichnete Weihnachtslied „Il est un petit l’ange“ sowie das Noël des bourgeois de Châtres „Tous les bourgeois de Châtres, et ceux de Montlhéry“.

Grand Offertoire pour Noël wurde im Dezember 2022 in einer musikkritischen Neuausgabe in der Edition Dohr vorgelegt; Herausgeber ist der Musikwissenschaftler Guido Johannes Joerg. Die querformatige Ausgabe gibt es im Musikalienfachhandel oder direkt beim Verlag Dohr.

Literatur zu Georges Schmitt:

Wolfgang Grandjean:
Orgel und Oper. Georges Schmitt 1821-1900: Ein deutsch-französischer Musiker in Paris. Biographie und Werk mit einem Werkverzeichnis. (Musikwissenschaftliche Publikationen) Taschenbuch
Georg bzw. Georges Schmitt (1821-1900) ist ein ›Grenzgänger‹ zwischen deutscher und französischer Musik. Als Organist und Reformer der Kirchenmusik lässt er sich unter dem Aspekt des 'Kulturtransfers' als Vermittler im deutsch-französischen Kulturfeld betrachten. In Trier geboren und als musikalische Frühbegabung mit 14 Jahren bereits Domorganist in Trier, wanderte er 1844 nach Paris aus, wo er mehr als ein halbes Jahrhundert lang die Entwicklung der französischen Musik in einer ihrer dynamischsten Phasen erlebte. Als Organist an der grandiosen Orgel von Saint-Sulpice gewann er eine prestigeträchtige Tribüne für sein Wirken in der Kirchenmusikreform. Er veröffentlichte das Roret-Handbuch L’Organiste praticien (1855) sowie die Anthologie Le Musée de l’organiste (1857/1858) und verfasste zahlreiche Zeitschriftenbeiträge. – Als Opernkomponist vermochte er jedoch nicht, trotz einiger Aufführungen an Pariser Theatern, sich durchzusetzen, ähnlich wenig mit seinen Chorsymphonien und Kantaten. (Seine 'Symphonie dramatique' Le Sinaï wurde nach 135 Jahren im September 2014 in Trier wieder aufgeführt.) Die politischen und kulturellen Entwicklungen in Frankreich bilden sich in Höhen und Tiefen seiner künstlerischen Laufbahn ab. Nach 1871 wurde er zum Verlierer der Rückbesinnung der französischen Musik auf ihr nationales Erbe, und als 'französischer Komponist' konnte er sich in Zeiten der 'Erbfeindschaft' auch in Deutschland nicht mehr durchsetzen, wo man ihn in Trier auf den 'Sänger des Moselliedes' reduzierte. Das Leben von Georges Schmitt ist paradigmatisch für die Ebene der Musikkultur, die als ›Basis‹ zunehmend das Interesse der Historiographie findet.

Maria Schröder-Schiffhauer: Der vergessene Lorbeer – Die Geschichte des Domorganisten Johann Georg Gerhard Schmitt aus Trier. Biographischer Roman (2 Bände)