Joseph Torner ist geboren um 1700 im Luxemburgischen (?); gestorben ist er am 8. Mai 1762 in Trier. Über Torners frühe Lebensumstände ist nichts bekannt. 1724, anlässlich der Taufe eines Sohnes, findet sich sein Name erstmals in Trierer Kirchenbüchern als „expertissimus D.(ominus) Joseph Torner organista summi templi“.
Torner spielte im Dom an der neuen Orgel, errichtet durch Johann Nollet 1724/25. Im Trierischen Hof-, Staats- und Stands-Calender von 1760 rangiert er nicht nur als Domorganist, sondern „auch (als) zur Lieben Frauen und in der St. Gangolphi Pfarr-Kirchen Organist". Torner bekleidete diese Ämter bis zu seinem Tod; sein Nachfolger am Dom wurde Mathias Kenner.
Torner steht als Komponist in einer Reihe mit zahlreichen süddeutschen Kleinmeistern seiner Zeit. Seine bekannten Kompositionen für die Orgel sind dreisätzige Zyklen für den katholischen Gottesdienst, bezeichnet als Offertorium, Elevatio und Communio. Französischen Vorbildern folgend, verwenden sie gefällige klavieristische Passagen und konzertante Elemente, in den langsamen Mittelsätzen auch weitgespannte Solomelodien. Zweiteiligkeit der Sätze, Charakter und Satzbezeichnungen deuten auf die Nähe der Suite. Gemäß den zeitgenössischen Gepflogenheiten der Orgelkomponisten des süddeutschen Raumes, vier Vorzeichen in der Regel nicht zu überschreiten, verwendet Torner die Tonarten a-, h-, c-, d-, e-, f-, g-Moll sowie A-Dur. Die Tempofolge innerhalb der Zyklen ist: schnell (Allegro, Presto) - langsam (Adagio, Un poco Andante, Grave) - schnell (Presto - Vivace - Allegro).
Werke:
„ABC per tertiam Majorem“, Mainz um 1734. P. Ernst Kolborn 0. P. (gilt als verschollen);
„ABC per tertiam Minorem“, Augsburg um 1735, Johann Christian Leopold. Da der Augsburger Druck „opus quartum“ genannt ist, müssen noch zwei Werke vorausgegangen sein.
Den liturgischen Stücken sind im Druck Toccaten, Tanzsätze und andere „eingerichtete Curiositaeten“ angefügt (u.a. Glockenspiel und Marsch). Sie sind tonartlich in drei Gruppen geordnet (C-, B-, F-Dur) und mit Gattungsbezeichnungen versehen.
Das ABC per tertiam Minorem steht in der Tradition zyklisch angelegter Werke süddeutscher Orgelkomponisten (vgl. Werke von J.C. Kerll, G. Muffat, F.X.A. Murschhauser, J.C.F. Fischer, C. Kolb, u.a.). Unterschiede Torners zu den Sammlungen vieler Vorläufer und Zeitgenossen sind zu sehen in seinem Abrücken von der verbreiteten (zunächst für die Alternatimpraxis bestimmten) Versettenkomposition (mit Praeambeln und Finali) sowie von kontrapunktischen Techniken, namentlich dem Fugenprinzip. Diese wurden im süddeutschen Raum auch noch gepflegt, als die Versettenkomposition allmählich vom galanten Stil erfasst wurde. Weitere „moderne" Züge im Stil Torners stellen der Einbezug von Lied- und Tanzsätzen in die Orgelkomposition dar (Torner bezeichnet die Stücke des ersten Teils als „Cantilenae“ sowie die bisweilen langgezogenen, „empfindsamen“ Melodielinien in den Elevatio-Sätzen. Verschiedene Elemente wie etwa die Zweiteiligkeit nahezu aller Sätze verweisen auf eine Nähe zum Suitensatz. Die Zyklen des ersten Teils weisen bei konstanter Länge der Einzelstücke (zwei Seiten Umfang) eine relativ einheitliche formale und charakterliche Gestaltung auf.
Josef Still