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Der "Trierer Choralstreit"

Heute ist es wenigen bekannt: Trier war eine wichtige Stadt der Choralforschung. Der kunstvolle Gregorianische Choral war über Jahrhunderte auswendig – „ex corde“ – überliefert worden, natürlich auch in Trier mit seinen unzähligen Klöstern und vier großen Benediktinerabteien. Nach dem Konzil von Trient wurde 1614/1615 eine vereinfachte Choralausgabe, die nach dem römischen Verlagshaus benannte „Editio Medicaea“, als allein zugelassene angeordnet. Tonreichtum und Tonumfang der Melodien waren darin rigoros reduziert.

Choralforschern des 19. Jahrhunderts war diese Ausgabe ein Dorn im Auge und zwei neue Ausgaben läuteten das Ende der „Medicaea“ ein: Zunächst eine 1847 in Montpellier gefundene Choralhandschrift aus dem 11. Jahrhundert in Buchstabenschrift und Neumennotation. Sie erschien wenige Jahre später im Druck für die Diözesen Reims und Cambrai unter dem Titel „Graduale Romanum“. Die zweite bedeutende Aktion war das 1863 in Trier von Michael Hermesdorff herausgegebene „Graduale juxta usum Eccl. Cath. Trevirensis”. Siehe zu Hermesdorff auch Frühere Domorganisten und -kapellmeister. Die Benediktinerabtei Solesmes in Frankreich gilt heute  als die Hochburg der Choral-Restaurierung, begann mit der Arbeit aber erst später: Ab 1889 erschien deren Reihe „Paléographie musicale“.

Die Arbeit Hermesdorffs in Trier geschah keineswegs konfliktfrei. Den berühmten „Trierer Choralstreit“ erforschte der Musikjournalist und Musikwissenschaftler Dr. Martin Möller und publizierte den ausführlichen Artikel „Noch einmal: Der „Trierer Choralstreit“ im Kirchenmusikalischen Jahrbuch für 2011. Der Trierer Orgelpunkt bedankt sich beim Autor und beim Verlag Schöningh für die Erlaubnis zur Publikation!

Josef Still