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Mamert Hock in Saarlouis

Geschichte der Orgelbauanstalt 

Der Gründer: Sylvester Hock

Sylvester Hock, Gründer der Firma, geb. am 2.1.1812

Sylvester Hock (* 2.1.1812 in Schonach) gründete 1833 nach Beendigung seines Militärdienstes in Schonach (Schwarzwald) einen Handwerksbetrieb, in dem wahrscheinlich schon Spieluhren und kleine Musikwerke gefertigt wurden. 1836 heiratete er Kunigunde Schwer, Tochter des Eisenhändlers Leonhard Schwer aus Triberg. Im selben Jahr wurde am 16. Mai Sohn Mamert in Schonach geboren. Im Jahr 1845 begab sich die Familie nach Straßburg, wo ein Jahr später Kunigunde Hock verstarb. In der Zeit von 1845 bis 1855 zog Sylvester Hock mit seinem Sohn Mamert häufig um. Er kam an verschiedene Orte in Baden und der Pfalz und versuchte sich auch in anderen Gewerbezweigen, da die wirtschaftlichen Verhältnisse in dieser Zeit sehr schlecht waren. Auch bestand nach mündlicher Überlieferung die Absicht, nach Amerika auszuwandern.

Als Sylvester Hock 1855 mit seinem Sohn nach Saarlouis kam, hatte sich die wirtschaftliche Lage entscheidend verbessert. Die Geschäfte mit Spieluhren und Musikwerken liefen wieder sehr gut. Aus verschiedenen Unterlagen geht hervor, dass sie sich als Spieluhren- und Orgelmacher verstanden. Nachweislich wurden vor 1865 aber keine größeren Orgelwerke gebaut. Das Geschäft vergrößerte sich nach und nach. Als im Jahr 1861 Sylvester Hock in Saarlouis starb, übernahm Mamert Hock I. im Alter von 25 Jahren die Geschäfte. 

Mamert Hock I.

Mamert Hock I, geb. 16.5.1836

Mamert Hock I. heiratete wahrscheinlich 1864 – das genaue Datum ist nicht bekannt – Anna Magdalena Sonntag aus Saarlouis-Roden. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor: Karl, Anna Emilie, Magdalena, Kunigunde, Mamert und Richard. Sohn Mamert II., der die Firma später mit seinem Bruder Karl weiterführte, wurde am 20.9.1874 geboren.

Die Firma vergrößerte sich weiter. Um 1890 erwarb Mamert Hock ein neues Grundstück auf dem ehemaligen Festungsgelände, an der heutigen Vaubanstrasse 1, für einen „Fabrikneubau mit weiten, luftigen und gesunden Arbeitsräumen, der die modernsten Maschinen, eigene elektrische Lichtanlage und ausserdem einen ca. 200 Quadratmeter großen und 12 m hohen Montierungsaal erhielt“. Auf dem Grundstück stand ein Pulver- und Munitionsdepot. Teile dieses Depots wurden in den vorderen Neubau integriert. Das hintere Fabrikgebäude wurde aus roten Backsteinen errichtet. Die neuen Räumlichkeiten wurden 1901 fertiggestellt und ermöglichten nun auch den Bau von Kirchenorgeln. In seinen beiden Söhnen, Karl und Mamert II., fand er „treue und tüchtige Mitarbeiter“. 

Mamert Hock II.

Mamert Hock II, geb. 20.9.1874

Mamert Hock II. besuchte bis zum 10. Lebensjahr die Volksschule in Saarlouis, danach bis 1889 das Gymnasium. Vom Gymnasium ging er nach erfolgreichem Abschluss der Obertertia ab, um seine Lehre als Orgelbauer zu beginnen. Er trat 1889 als Lehrling in die Fabrik seines Vaters ein. 
„1893 hatte er ausgelernt. Im gesamten Orgelbau erwarb er sich so reiche Kenntnisse, daß er noch im selben Jahr vor der Prüfungskommission in Trier das sogenannte Künstlerexamen im Orgelbau mit gutem Erfolg bestand, welches zum einjährigen Dienst berechtigte.“  Um seine Kenntnisse noch zu erweitern, arbeitete er bei verschiedenen bedeutenden Orgelbauwerkstätten: 1893–1895 bei Laukhuff in Weikersheim, vom 7.11.1895–29.6.1896 bei der Firma Link in Giengen a. d. Brenz und in der Folgezeit bis 1900 bei den Firmen Klais in Bonn und Walcker in Ludwigsburg.

Wie in Bewerbungsunterlagen von Mamert II. nachzulesen ist, übernahm er 1900 die Führung der Werkstatt. Er schreibt hierin: „Im Jahre 1900 trat ich wieder in die Werkstatt meines Vaters ein und übernahm selbständig die Leitung des ganzen Betriebes”.

Im gleichen Jahr erhielt Hock den Auftrag zum Bau einer neuen Orgel für die Saarlouiser Garnisonskirche. Diese Orgel wurde später in die neue evangelische Kirche übertragen. 

Mamert Hock I. verstarb am 18. Februar 1907 in Saarlouis. Die Ursache seines Todes war ein unglücklicher Sturz aus dem Krankenbett. In der von Mamert Hock IV. verfassten Chronik heißt es im Folgenden: „Das Geschäft wird nunmehr von der Witwe des Verschiedenen mit Unterstützung ihrer beiden Söhne Karl und Mamert Hock, die schon in den letzten 2 Jahren bei dem leidenden Zustand des Vaters die Leitung in den Händen hatten, in unveränderter Weise fortgeführt.“

Am 19. Mai 1908 heiratete Mamert Hock II. die aus Mettnich (heute Primstal) stammende Anna Becker, die er während den Montagearbeiten an der dortigen Orgel 1907 kennengelernt hatte. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor, Cäcilia Hock und Mamert Hock III. (auch oft Mamertus genannt), der heute noch in Saarlouis lebt. Mamert III. half bis zu seinem Abitur 1932 in den Ferien bei Orgelstimmungen, Wartungen und Montagearbeiten. Er ergriff später aber einen Verwaltungsberuf.

Quellen zur Firma Mamert Hock

Mamert Hock I. beim Skatabend
  • Archiv der Firma Hock:
    Bildmaterial und Verträge aus dem Restbestand des alten Firmenarchivs, das leider nach dem zweiten Weltkrieg nicht mehr vollständig war. Die Unterlagen wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Mamert Hock IV.
  • Orgues de Lorraine, Dép. Moselle, Inventaire nationales des Orgues, Assecarm-Serpenoise (1994–1998).
  • Orgelmeldebögen des Bistumsarchivs Trier (1944) BATr Abt. III, 10, 12; Band 3-6.

Armin Lamar

Aus der Familien-Chronik

Briefkopf der Firma Hock

In der vom Urenkel von Mamert Hock I. (*16.5.1836), Herrn Mamert Hock IV. (*10.12.1941), verfassten Familienchronik ist folgendes nachzulesen:

„Sylvester Hock starb in Saarlouis 1861. Sein Sohn Mamert Hock führte die Geschäfte weiter. Als er die Geschäfte übernahm, baute er 1861 noch zwei Musikwerke. 1862 verließen die Werkstatt von dem 1. Mamert Hock bereits 7 Musikwerke. Die Werkstatt befand sich damals an der Ecke Schlächterstraße/Schwarzochsenstraße, vom Großen Markt her kommend. Ebenso unterhielt er dort eine kleine Gastwirtschaft.
Die Musikwerke kosteten damals zwischen 50 und 180 Mark. Bereits Anfang 1863 fertigte Mamert Hock ein Orchestrion für 900 Mark. Dies ist deswegen so bemerkenswert, als nämlich das 1. Orchestrion erst 1851 von Fr. Th. Kaufmann in Dresden gebaut wurde. In der Folgezeit baute Mamert Hock abgesehen von vereinzelten Orchestrions und einer Hausorgel 1865 und ein paar Drehorgeln bis 1874 ausschließlich Musikwerke.
1874 wurde eine Kirchenorgel für die alte kath. Pfarrkirche in Saarlouis gebaut. Seit dieser Zeit baute Hock neben Musikwerken und Drehorgeln auch eine Menge Orchestrions und ab 1877 überwiegend Orchestrions bis 1900. Die Gesamtzahl der Werke von Mamert Hock dem 1. beliefen sich auf ca. 450 Stück. Beliefert wurde anfangs vorwiegend der engere Raum, später Elsaß und Lothringen sowie vorwiegend ganz Deutschland als auch vereinzelt das europäische Ausland einschließlich Moskau, zudem ein paar Orchestrions nach Südamerika. 
Ein besonders beliebtes großes Orchestrion besaß den Handelsnamen „Mamertium“. Mamert Hock war mit seinen Orchestrions und Musikwerken auf bedeutenden Ausstellungen, wie auf einer Ausstellung in Nürnberg, 1873 auf der Weltausstellung in Wien, 1898 auf der „großen internationalen Ausstellung der Wissenschaften und der Industrie“ in Brüssel, 1890 auf der „allgemeinen Ausstellung für Kriegs-Kunst und Armeebedarf in Köln“ und 1894 auf der Weltausstellung in Antwerpen vertreten.“

Aus den Jahren zwischen 1860 und 1870 stammt die Erfindung einer Zeichenmaschine, die die zeichnerische Konstruktion und den Bau der Orchestrion-Walzen erleichterte.

Montage-Saal

HOCK Werkstatt

Der Montagesaal der Firma Hock in der Vaubanstraße 1 in Saarlouis.

Zu sehen ist links die Orgel der kath. Pfarrkiche Reimsbach, erbaut 1904, 25 Register II/P, neben der Orgel in Hühnerfeld die wahrscheinlich größte Orgel von Hock. Rechts eine kleinere Orgel, vermutlich I/P, Aufstellungsort unbekannt. Mit abgebildet sind Mamert und Karl Hock.

In dem 200 m2 großen und 12 m hohen Montagesaal wurden die Orgeln vor dem Einbau an ihrem Bestimmungsort aufgebaut. Zwischen den beiden Firmengebäuden befand sich ein Lastenaufzug, mit dem die Orgelteile in den Montagesaal im 1. Stockwerk transportiert wurden.

Krieg - Möbelbau - Orgeln...

HOCK-Orgel in Hasborn

Die Jahre des ersten Weltkrieges von 1914–1918 zwangen Hock, die Produktion auf die Fertigung von Kriegsbedarf, Munitionskisten, Zeltstöcke und dergleichen zu verlagern. Der Orgelbau stagnierte kriegsbedingt. Auch diente das Firmengelände in der Vaubanstraße 1 als Glockensammelstelle für den Großraum Saarlouis. Hier wurden die für Kriegszwecke einzuschmelzenden Glocken gelagert. Ebenso wurden teilweise die Prospektpfeifen aus früheren Hock-Orgeln wieder ausgebaut und für Rüstungszwecke gesammelt bzw. teilweise auch eingeschmolzen. Nach Ende des Krieges spezialisierte sich die Firma auf die Fertigung von Möbeln aller Art. In dieser Zeit waren zwischen 30 und 40 Arbeiter im Unternehmen beschäftigt. Die Firma Hock gehörte somit zu den bedeutendsten Möbelschreinereien des Saarlandes.

Erst ab 1923 wurden wieder Orgeln gebaut. Diese Angaben gehen aus einer Abschrift „Industrie in Stadt und Kreis Saarlouis“ hervor. Bedingt durch die allgemein wirtschaftlich schwierige Lage in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg, ging die Firma 1928 in Konkurs. Sie wurde noch bis 1932 unter dem Namen Hock&Co. weitergeführt. Nach 1932 wurden schließlich keine Orgeln mehr gebaut. Mamert Hock II. unterhielt ab 1932 in seinem Haus in der Silberherzstraße 18 (heute 16) noch eine kleine Werkstatt, in der er noch Reparaturen ausführen konnte. Während des zweiten Weltkrieges war er als Sachverständiger für kriegsbedingte Orgelschäden tätig und führte Reparaturen aus. Auf der Fahrt zu einer Orgelreparatur in Saargemünd am 1. Juni 1943 verunglückte Mamert Hock II. im Alter von knapp 69 Jahren bei einem Verkehrsunfall. Aus noch vorhandenen Archivunterlagen der Firma geht hervor, dass Mamert Hock II. in der Zeit von 1900 bis 1931 ca. 47 Orgeln baute. In dieser Zeit wurden natürlich auch Orgelwartungen, Stimmungen und Restaurierungen durchgeführt. Darüber hinaus auch Neuanfertigungen von Orchestrion-Walzen, insbesondere durch den Mitinhaber der Firma, Karl Hock. Aus der Zeit zwischen 1914 und 1918 liegen keine Verträge vor.

Weil nicht sicher ist, ob alle Verträge erhalten oder überliefert sind, lässt sich die genaue Zahl der zwischen 1923 und 1928 gefertigten Orgelneubauten nicht feststellen. Eine andere Stelle vermerkt, dass die Firma Hock neben Haus- und Kirchenorgeln ca. 800 Orchestrions und Musikwerke gebaut hat. Seine Zungen- und Labialpfeifen (ausgenommen Holzpfeifen) sowie auch Orgelprospekte und Gehäuseteile bezog er teilweise von den Firmen Carl Giesecke&Sohn, Göttingen, und August Laukhuff, Weikersheim.

Die Orgeln der Orgelbauanstalt Mamert Hock

Verzeichnis anhand der abgeschlossenen Werkverträge aus dem Restbestand des Firmenarchivs und verschiedener Quellen.